Schrebergartenkult

1970iger Jahre

Wenn ich an die Schrebergartenzeit zurückdenke, wird mir ganz warm um´s Herz. Viele schöne und harmonische Stunden haben wir, mein Mann und ich, als wir noch sehr jung und noch nicht miteinander verheiratet waren, dort verbracht, in der kleinen Laube meiner damals zukünftigen Schwiegereltern. Dass wir die Hütte unter der Woche nicht ohne deren Erlaubnis nutzen durften, daran erinnere ich mich sehr gut und auch daran, dass die Eltern stets zwei, wenn nicht vier Augen auf ihren Jungen hielten. Vermutlich der Etikette wegen. Schließlich wollten sie ihre Gartenlaube nicht als Liebeslaube versteh´n und taten immer so, als würden sie den fehlenden Gartenschlüssel daheim am Schlüsselbrett nicht seh´n.
Im Sommer war es üblich, dass wir uns am Wochenende mit Freunden im „Garten“ verabredeten und nicht selten bis spät in die Nacht auf der überdachten Terrasse vor der Laube saßen und Spaß hatten. Samstagsabend war Grillabend .. und es galt als Selbstverständlichkeit, dass jeder etwas beisteuerte. Norbert und Renate, über Jahre beste Freunde, waren für die Rippchen und das Bauchfleisch zuständig, während ich die Erdbeer-Bowle und den Kartoffelsalat spendierte – und Kollege Harald das Bier. Georg, mein Schatz und späterer Ehemann war nicht nur für die romantische Beleuchtung zuständig, endlich die Laube auf Vordermann zu bringen und in einen ordentlichen und aufgeräumten Zustand zu versetzen, war seine Aufgabe sowie die Eimer auf der Open-Air-Toilette den mehr oder weniger dringenden Bedürfnissen anzupassen .. also mit Wasser zu füllen.
Zu fortgeschrittener Stunde füllte sich die Terrasse – und zusehends die Gläser. Offensichtlich fühlten sich von unserem Gegacker und Gelächter die Garten-Nachbarn genauso angezogen, wie die unzähligen Mücken an der spärlichen Beleuchtung.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir so manches Mal ganz schön die Lampe anhatten und es trotzdem friedlich zuging, bei und mit den „Friedlichen Nachbarn“.
Dieser kurze Rückblick in die Vergangenheit, in die Siebziger Jahre, wo die Anspruchslosigkeit, die Genügsamkeit kaum Unzufriedenheit aufkommen ließ, ruft in Erinnerung, wie zufrieden wir mit dem waren, was wir hatten – und wie mächtig stolz wir auf das waren, was der Garten hergab. Wenn mir auch so manches Mal der Ehrgeiz fehlte, der „zukünftigen“ Schwiegermutter beim Gemüseschneiden, Grünkohlhacken, Bohnenschnippeln und Äpfelschälen behilflich zu sein, was sein musste, musste sein. Schwiegermutter kochte alles ein.
Nicht selten suche ich heute immer wieder gerne die Schrebergartenanlage auf – aber leider nicht nur der schönen Erinnerungen wegen. Schrebergärten und Friedhöfe sind die einzigen Areale, die noch weitestgehendst von Müll, Unrat und Zigarettenkippen verschont geblieben sind.

Eine Erinnerung von Hildegard Grygierek

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