Duisburgs „Geheimgang“
1980er Jahre, 2012Du sitzt angespannt auf der Rückbank des Autos, das durch einen Tunnel fährt, schnell, zu schnell fast für die düstere, halb verfallene Straße. Du starrst durch die Windschutzscheibe ins Halbdunkel. Wird es gutgehen? Es wird, auch dieses Mal wieder.
Diese Szene, die Fahrt durch den Matenatunnel mit den Duisburger Kommissaren Christian Thanner und Horst Schimanski dürfte sich ins kollektive Gedächtnis des Ruhrgebiets eingeschrieben haben.
Der Tunnel, von Thyssen initiiert, um zwei Teile des Bruckhauser Stahlwerks zu einem Gelände zusammenzufassen, wurde 1912 eröffnet. Eine im Tunnel einspurige Straßenbahnlinie verband Bruckhausen mit dem damaligen Ort Alsum. Nach der Aufgabe des im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Alsum 1964 verlor der Tunnel weitgehend seine Bedeutung. 2012 unter Denkmalschutz gestellt, wurde er 2013 für immer verschlossen.
Vor der Schließung bin ich nicht virtuell sondern selbst real hindurchgefahren. Der Ort war so unheimlich wie auf dem Fernsehschirm, fast wie ein Bergwerksstollen – nichts für Claustrophobiker. Er bleibt eine starke Erinnerung für mich – Symbol für eine vergangene Episoden einer TV-Serie, die in einem vergangenen Duisburg spielten.
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Die Bilder sind dem Medienarchiv Wikimedia Commons entnommen:
Bild 1: Von A. Oymann – A. Oymann, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19899953
Bild 2: Von Kfotografie – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28060633
Weitere Bilder sowie Informationen zu der Straßenbahnlinie bietet die Website „Tramtrack – Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken“ an.
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So arg unheimlich fand ich das gar nicht. Die Strecke ist viel zu kurz, um irgendein Schaudern empfinden zu können. Die Atmosphäre im Tunnel ist schon sehr sehr stark, das muß ich zugeben. Und wenn man dann auch noch Geschichten ehemaliger Thyssen-Azubis kennt, von Typen, die versucht haben, mit ihren Autos die Stunts nachzumachen, die dort für die Schimanski-Krimis gedreht wurden, und die dabei natürlich gnadenlos gescheitert sind… herrlich!!!
Gruseltunnel
Ich habe diesen Tunnel lange vor Schimanski und Tanner noch mit der Straßenbahn durchfahren. Das gelbliche Glühlampenlicht aus dem Zweiachser flackerte über die durchaus noch intakten weißen Fliesen im Stirnseitenformat gewöhnlicher Tonziegel, blitzten hier und da spiegelnd auf wie auch der blaß blaugrüne Abreißfunken des Scherenstromabnehmers, der sich unter der niedrigen Decke schon etwas ducken mußte. Dazu kam vor allem die Geräuschkulisse, der sich vielfach an den Wänden reflektierenden Echos: Das Summen und Rumpeln des Zweiachsertriebwagens, gelegentliches Poltern von Gummireifen der Autos auf dem Kopfsteinpflaster, überlaute Motorgeräusche beim Gasgeben oder das verstärkte Knattern eines Motorrades. Richtig gruselig war allerdings die Vorstellung, von Alsum Richtung Bruckhausen mit dem Fahrrad auf der rechten Seite einer Straßenbahn von vorn oder hinten zu begegnen, wenn auf der anderen Straßenseite Autoverkehr entgegenkam! Die Fotos zeigen deutlich, daß auch dieser Tunnel so sorgfältig von der Stadt Duisburg gepflegt wird wie so vieles, was sie mit der Großstadt Hamborn ab 1929 übernommen hat, und das anonymisiert wurde, seit der Name Hamborn aus dem Namen Duisburg-Hamborn 1935 getilgt wurde. War das die Rache der damaligen Machthaber dafür, daß im Umkreis der Brotfabrik „Germania“ in Hamborn ein frühes Widerstandsnetz im gleichen Jahr entdeckt und verfolgt wurde?
2013 für immer verschlossen ...
wird der Matenatunnel jetzt zugeschüttet. Der WDR berichtet:
„15.000 Tonnen Sand werden bis zum Frühjahr 2018 in den ehemaligen Thyssen-Krupp-Tunnel geschüttet. […] Laut Thyssen-Krupp wird der vier Meter hohe Tunnel durch das Verfüllen nicht beschädigt, der denkmalgeschützte Bau bleibt erhalten. Das Duisburger Bauwerk ist historisch bedeutsam. Deswegen sollen das zur Kaiser-Wilhelm-Straße gerichtete verzierte Ostportal und ein kurzes Stück des Tunnels restauriert werden. In dem freien Tunnelabschnitt wird es dann eine Info-Tafel zur Geschichte des Tunnels geben.“ (https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/duisburger-matena-tunnel-wird-verfuellt-100.html)
Ein verborgenes, ein klandestines Denkmal sozusagen.