Bärenhaus in Weitmar- Bärendorf

1959

Bärenhaus in Weitmar-Bärendorf – Opfer des Eroberungswahns des GröFaZ

So wurdest du zum Spielplatz meiner Kindheit, Hort der Erinnerung.
Vor dem geistigen Auge erscheinen die Großeltern, wohnhaft an der Bahnstraße 7, die Nachbarn mit ihren Kindern, meine Spielkameradinnen und -kameraden. Vater-Mutter-Kind, Kaufladen, Schule, Knickeln, Pinnchen schlagen, Versteckspiele, das war unsere Beschäftigung in den 50er Jahren, wenn wir die „Schulla“ gemacht hatten. „Mutta, schmeiß mich ne Butta runta!“ erklang es am Nachmittag, wenn sich der kleine Hunger meldete. Wir spielten meistens draußen, die Wohnungen waren klein und die Erwachsenen wollten Ruhe
haben. Wechselschichten waren für die Arbeiter im Heusnerviertel normal. Bochumer Verein und Zeche Engelsburg waren überwiegend die Arbeitgeber. Einkaufen und Anschreiben im Konsum und im Kolonialwarenladen Heusner. Unter Nachbarn half man sich gegenseitig mit einem Ei oder einer Tasse Mehl aus. Der Milchbauer mit Pferd und Wagen hatte seinen Sitz
am oberen Ende der Heusnerstraße mit Blick auf die Pestalozzischule. Wie glücklich war man, wenn man ein paar Meter auf dem Kutschbock mitfahren durfte!
Große Wäsche alle 4 Wochen, in der dampfgeschwängerten Waschküche im Hof, einen ganzen langen Tag lang. Der nächste Tag ging mit Bügeln, Flicken, Stopfen und Wegräumen drauf. Der Wind hatte die Wäsche, die draußen gehangen hatte, mit Rußflocken von den Hochöfen und Kohlehalden kommend, verziert, was keine Begeisterung auslöste. Viele Bewohner des Viertels stammten aus Ostpreußen, für die harte Arbeit im Bergbau angeworben. Ausgleich gab es für viele im Schrebergarten „Engelsburg“ oder „Am Trottenberg“. Ein Anziehungspunkt für die gesamte Nachbarschaft waren die jährlichen
Gartenfeste, auf denen Bergmanns- oder Straßenbahnerkapellen spielten. Ein Fußballplatz lag – wie noch heute – neben der Pestalozzischule, heute „Thealozzi“. Ein beliebter Spielplatz war auch auf dem „Stollen“, ein Relikt aus der Kriegzeit an der Ecke Bahnstraße/AmTrottenberg, der Eingang längst zugemauert, während eines Bombardements teilweise eingestürzt. Überall fand man Ziegel, mit denen man etwas bauen konnte. Unser Ersatz für Lego. Zaghaft und harmlos erwachte unser Interesse am anderen Geschlecht. Lang, lang ist es her. Das Bärenhaus blieb Ruine bis zu den 80er Jahren und wurde im Zuge der Bauarbeiten für die Westtangente, die nun in der BAB 448 aufgegangen ist, abgerissen.

Eine Erinnerung von Norbert Hugo Wagner

4 Bewertungen

  1. Sehr hübsch. Und was war das Bärenhaus, ein ganz gewöhnliches Wohnhaus? Undwarum hieß es Bärenhaus?

  2. Das Bärenhaus trug seinen Namen von einer Bärenskulptur an der Wand und hatte nur für meine SpielkameradInnen und mich diese besondere Bedeutung. Die Skulptur dürfte auf die Gemarkungsbezeichnung Bärendorf zurückgehen., welche ihren Namen von dem Rittergut Haus Bärendorf hat. Das Herrenhaus lag auf dem heutigen Gelände der Rombacher Hütte und wurde bereits 1782 abgerissen.

  3. Hallo,ich bin Silvia und habe in der Bahnhofstraße 12 gewohnt.Bin durch Zufall auf deinen Artikel gestoßen.Ist mir auch noch alles gut in Erinnerung geblieben.Pestalozzi war meine Schule. Viele Grüße Silvia

  4. Hallo Silvia, ja, es gibt immer wieder Zufälle. Nr. 12 war nach meiner Erinnerung doch auch ein Firmengelände. Terrazzo usw.?
    Viele Grüße Norbert

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