Der Hohenhof in Hagen – vom Wohnhaus für Karl Ernst Osthaus zum Museum des Hagener Impulses

1906 bis heute

DER HOHENHOF

Abteilung des Osthaus Museums Hagen

Museum des Hagener Impulses

Ankerpunkt der Route Industriekultur

ICONIC HOUSE

Der Hohenhof in Hagen, den der belgische Künstler-Architekt Henry van de Velde als Wohnhaus für den Hagener Folkwang-Gründer Karl Ernst Osthaus und seine Familie gebaut hat, zählt zu den bedeutendsten architekturgeschichtlichen Gebäuden Europas kurz nach der Jahrhundertwende und ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele für ein Gesamtkunstwerk. Dabei gestaltete sich die Einrichtung der repräsentativen Räume formal wie die Komposition eines Bildes: jedes Detail ist aufeinander abgestimmt, ohne das Wesen oder die Funktion des zu gestaltenden Objektes zu vernachlässigen.

 

1906 beauftragte Karl Ernst Osthaus den Gestalter Henry van de Velde, der zwischen 1900 und 1902 den Innenausbau des Folkwang-Museums realisiert hatte, den neuen Wohnsitz der Familie in Hohenhagen als Bezugspunkt einer Siedlung mit vorbildlichen Wohnbauten und einer Stadtkrone zu planen. Die Villa war als bekrönender Abschluss eines terrassierten Hanges oberhalb der Donnerkuhle (heute A 45) gedacht, für den van de Velde einen Bebauungsplan mit weiteren 16 Villen konzipierte, von denen jedoch keine ausgeführt wurde. 1908 war der Hohenhof, dessen Grundriss der Form eines Doppelhakens entspricht, bezugsfertig. Nur die östliche Hangfassade zeigt Achsensymmetrie, während die Eingangs- und Gartenseiten die unregelmäßige Raumaufteilung im Innern widerspiegeln. Hier schuf van de Velde die Innenarchitektur vollständig aus einem Guss: bis „herunter auf das Petschaft auf dem Schreibtische“ gestaltete er Möbel, Wanddekorationen und Bodenbeläge, Lampen und Stoffe, Geschirr und Besteck nach eigenen Entwürfen in Absprache mit dem Bauherrn. Van de Veldes ‚Neuer Stil‘ sollte einerseits den Lebensraum der Bewohner des Hauses bestimmen und andererseits vorbildlich nach außen wirken. Mit diesem Anspruch proklamierte Osthaus die Überwindung der überfrachteten Stilarchitektur.

 

Von Bedeutung für die dekorative Gestaltung der Haupträume waren verschiedene Kunstwerke, an denen sich die Farbkomposition der Einrichtung orientierte, so z.B. von Ferdinand Hodler „Der Auserwählte“ im Empfangsraum sowie Edouard Vuillards „Herbst vor Paris“ im Damenzimmer. Henri Matisse malte für den Wintergarten das Fliesentriptychon „Nymphe und Satyr“, von Johan Thorn-Prikker stammen die Treppenhausverglasung sowie die starkfarbige Schablonenmalerei im Arbeitszimmer. Reliefs von Hermann Haller flankieren das Hauptportal.

 

Henry van de Velde umgab den Hohenhof mit einem typischen Architektengarten, der als dekorative Rahmung des Hauses dienen sollte, mit geometrischem Grundriß aus vier leicht gegeneinander versetzten Achsen. 1913 modifizierte der Gartenarchitekt Leberecht Migge diesen Entwurf.

 

Nach Osthaus‘ Tod 1921, wurde der Hohenhof zunächst von seinem ältesten Sohn als Sitz einer Handweberei genutzt. 1927 verkaufte die Familie Gebäude und Ländereien an die Stadt Hagen, mit der Auflage, die Anlage als „Gesamtkunstwerk” zu erhalten. 1933 überließ die Stadt den Hohenhof der NSDAP zur Einrichtung einer Gauverwalter-Schule. Gegen Kriegsende wurde er als Lazarett genutzt, von 1946 bis 1962 diente er als Frauenklinik und anschließend, bis 1976, als Abteilung der Pädagogischen Hochschule Dortmund. Zu Beginn der Achtziger Jahre erfolgte eine umfassende Wiederherstellung der repräsentativen Innenräume, die 1984 abgeschlossen wurde. Seit 1989 ist der Hohenhof eine Abteilung des Osthaus Museums, seit 1999 Ankerpunkt der Route Industriekultur im Ruhrgebiet.

 

Heute beherbergt das Haus als Außenstelle des Osthaus Museums das „Museum des Hagener Impulses” und ist außerdem ein Ankerpunkt der „Route Industriekultur“ des Regionalverbandes Ruhrgebiet (RVR). Die weitgehend originale Innenraumgestaltung führt ein einzigartiges Gesamtkunstwerk des Jugendstils vor Augen. In der ehemaligen Remise lässt sich außerdem ein Überblick über die Möbelgestaltung van de Veldes aus rund 40 Schaffensjahren gewinnen: vom frühen Bloemenwerf-Tisch aus dem Jahr 1895 bis hin zu einem sachlich-funktional durchdachten Schreibtisch von 1934. Im Obergeschoß werden außerdem Silber von Jan Ludovicus Mathieu Lauweriks und der Hagener Silberschmiede sowie eine Dokumentation des „Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe” (1909-1919) gezeigt. Ergänzend ist eine umfangreiche Ausstellung mit Silber, Porzellan und Keramik von Henry van de Velde zu sehen.

 

Als erstes Haus im Ruhrgebiet und in Westfalen wurde der Hohenhof im Jahr 2015  in die bedeutende Riege der Iconic Houses aufgenommen. Bei diesen handelt es sich um außergewöhnliche Architektenhäuser des 20. Jahrhunderts, die einen besonderen Stellenwert in der Geschichte der modernen Architektur haben und für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Alle Häuser werden auf der website www.iconichouses.org präsentiert, eine einzigartige Informationssquelle für alle interessierten Architekturliebhaber.

Eine Erinnerung von Birgit Schulte

2 Bewertungen

  1. Hohenhof-Baby

    Auch ich war ein Hohenhof- Baby… ein besonderes, wie meine Mutter immer schwärmte. Wer mit dem Köpfchen gen Himmel zur Welt kommt- an diesem wunderbaren Ort, der wird sein Leben lang immer positiv denken und versuchen auch so zu handeln. Und ich sage Euch- genau so ist es geworden! ???

  2. Hohenhof- Baby

    Daran erinnere ich mich nicht wirklich. Aber dieser Ort war und ist besonders.

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58093 Hagen
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