Badespaß

1950iger Jahre

Badespaß
Wahres Vergnügen bereitete meiner Schwester und mir das Bad in Omas Waschküche. Direkt neben dem Vorratskeller mit den tausend Einmachgläsern, gingen wir einmal in der Woche auf Tauchstation. Samstagnachmittag eröffnete sie den Ritus, indem sie den Badeofen mit Holz und Kohle vollgestopfte. Eine verhältnismäßig große Zinkwanne bot uns Beiden ausreichenden Platz zum Planschen. Dies war auch der Grund dafür, dass wir fast nie zu Hause badeten. Mutter besaß zwar auch eine Wanne, allerdings nur in der Größe einer Sitzwanne…

Ob Vater wohl ein entspannendes Bad vermisste, wenn er abgearbeitet und hundemüde von der Nacht-Schicht nach Hause kam? Wer weiß, vielleicht war es auch nicht üblich in der Wanne nach Entspannung zu suchen. Gewiss aber nach der Kernseife, ausdauernd bis sich das Wasser milchig färbte. Badezimmerkult, wie er heutzutage leidenschaftlich bis mitunter skurril betrieben wird, existierte nicht einmal in der wackersten Phantasie. Ich versuche mir Omas Gesichtsausdruck beim Anblick Dutzender brennender Kerzen und Teelichter vorzustellen. Einmal kam es vor, oder besser gesagt, nicht nur einmal kam es vor, dass sie bei Kerzenschein ihrer Zinkwanne entsteigen musste, wegen Stromausfall. Na ja, ob sich hier eine reizvolle Stimmung nachvollziehen lässt, sei dahingestellt.

Ich kann mich noch genau an den angenehmen, von der Badetablette ausgehenden Tannennadelduft erinnern, der sich im ganzen Haus breit machte – und vor dem kleinen Kellerfenster nicht Halt machte, um die ganze Siedlung darüber zu informieren, dass Oma Malleck Badetag hatte.

In Erinnerung ist mir auch ein Foltergerät geblieben: Omas namhafte „Schrubb-Bürste“. Wenn ich mich nicht täusche, „misshandelte“ Oma mit einer ausgedienten Wurzelbürste die zarte Haut unserer Rückenpartie. Waschen nannte sie diese körperverletzende Missetat, wobei sie sich trotz rotleuchtender Rückenansichten unbeeindruckt verhielt. Erst nachdem sie Ingrid, meine Schwerster, und mich für gut durchblutet und schön sauber erklärte, ließ sie von uns ab. Empfindsam, wie wir Kinder waren, bedauerten und trösteten wir uns gegenseitig, um gleichzeitig die Stimmung mit einer kalten Wasserladung wieder aufzuheitern. Großmutter zeigte sich zu keiner Zeit genervt. Weder von dem Ritual noch von dem lautstarken Gekreische, im Gegenteil. Der abschließende Badespaß endete immer warmherzig bzw. warm eingehüllt in riesige Badelaken, mit denen sie rubbelte, dass kein Auge trocken blieb.

Ganz zum Schluss, wenn wir Kinder vor Reinheit brillierten und frische Wäsche trugen, erlaubte sie sich auch mal kurz unter zu tauchen. Und zwar in der von uns hinterlassenen kerngesunden Seifenlauge, welche sie mit dem letzten heißen Wasser vom Badeofen mischte. In Gedanken an Sparsamkeit hätte sie niemals denselben verschwendet, sich in irgendeiner Form deshalb zu schämen. Und mir, als Kind, wäre Argwohn darüber sowieso nicht in den Sinn gekommen.

Drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, entsprach ganz Omas verblüffendem Geschick. Somit räumte sie der Lauge nicht das geringste Entrinnen ein, ohne vorher vom reinigenden Effekt Gebrauch zu machen. Der Wochenendputz endete also grundsätzlich mit dem Schrubben der Waschküche einschließlich der Kellertreppe. Selbstverständlich ging auch noch ein Eimer Lauge über die paar Treppenstufen am Hauseingang – und darüber hinaus. Bis zur Straße weitete Oma ihren Rundum-Hausputz aus, schließlich sollte der Bürgersteig sonntagstauglich ausseh´n ..

Eine Erinnerung von Hildegard Grygierek

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