Gaststätte „Zum Löwen“ – Eine typische Gaststätte

in den 1960er und 1970er Jahren

Um 10 Uhr wurde geöffnet. Da war noch nicht viel los – zunächst musste tüchtig gelüftet werden und die Gläser vom Vorabend gespült werden.

Der Milchmann kam auf seiner täglichen Runde rein auf ein Bier, einen Kurzen und ein paar Versuche am Glücksspielautomat, genauso andere Stammgäste.

Die Musikbox dudelte für 20 Pfennig ein Stück oder drei für 50 Pfennig.
Es gab überwiegend Titel der deutschen Hitparade – auf Wunsch der jüngeren Gäste aber auch englische Hits.
Eine Zeitlang trafen sich hier viele der tunesischen Gastarbeiter und brachten eine eigene Single mit – die musste dann aber auf Protest der deutschen Stammkunden wieder entfernt werden.

Die Bedienung briet Frikadellen, luftig und lecker durch die vielen Brötchen.

Am späten Nachmittag kamen die jungen Männer und besetzten mit ihren Mädchen die Tische.
Da gab es dann oft „Stiefeltrinken“: Aus dem großen Glasstiefel (2 l Bier) wurde reihum getrunken. Der Vorletzte oder der, dem das Bier durch den Unterdruck ins Gesicht schoss, musste den Stiefel bezahlen.

Am Schalter holten Kinder eine Flasche Bier für den Vater zu Hause.

Um 17 Uhr wechselte die Bedienung, meist war um Mitternacht Feierabend, am Wochenende später.

An der Theke wurde eine Runde „Kurzer“ ausgeknobelt mit „General“ und „Meier 3“.
Am Tisch wurde „Skat gekloppt“, während die Kiebietze zuschauten.
(Beim „Kiebietzen“ habe ich meinen Mann kennengelernt.)

Auf den Bierdeckel gab es Striche für Bier und Cola, Kreuze für Pils.
Wenn die Bedienung nicht den Durchblick behielt, verschwanden schon mal Deckel unter der Sitzbank. Andere Gäste hatten dann doch mehr getrunken, als die Geldbörse hergab, so sammelten sich in der Schublade neben unbezahlten Deckeln auch die Pfandstücke der Gäste: Ring, Armbanduhr, Personalausweis.

Sonntagsmorgens kamen die Väter zum Frühschoppen in die Wirtschaft, während die Mütter das Sonntagsessen zubereitete. Häufig brachten sie Tochter oder Sohn mit, die dann am Erdnussspender für 10 Pfennig gesalzene oder kandierte Erdnüsse ziehen konnten.

Nicht zu vergessen der wöchentliche Obolus für den Sparkasten. Denn ein leeres Kästchen kostete Strafe, und man wollte ja Sparkönig werden.

Die Fotos stammen aus den 1960ern, 1970ern und 1980ern.
Verändert haben sich nur die Biersorten:
1960er Löwenbräu (der Namensgeber)
1970er Bitburger Pils und Wicküler Bier
1980er Stern

Eine Erinnerung von BT

3 Bewertungen

  1. "Das mit dem Stern ... " - eine weitere Kneipe

    Kneipen waren ja wirklich wichtige und typische Kommunikationsorte (1) im Ruhrgebiet. Dein Beitrag weckt Erinnerungen an meine Kindertage und an die Kneipe in unserer Nachbarschaft, die von der Nachkriegszeit bis in die 90er Jahre bestand.
    „Baumhof“ – der Schriftzug war in Deutscher Schreibschrift gestaltet und für mich bis zur vierten Klasse nicht zu entziffern. Dort wurde Stern Bier und nur Stern Bier ausgeschenkt (2) – das Haus gehörte ursprünglich der Brauerei und wurde an Mitarbeiter vermietet, mit deren Kindern ich im Sandkasten spielte und z.T. heute noch befreundet bin. Meine Oma schickte mich oft dorthin um ihr Zigaretten zu kaufen.
    Die Kneipe gibt es schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Das Haus und die Gasträume wurden nach der Jahrtausendwende in Eigentumswohnungen umgewandelt.
    Die Stern-Brauerei wurde in den 90er Jahren abgerissen, auf dem Gelände steht heute der RWE-Turm.

    Auf den Bildern erkennt man übrigens deutlich Veränderungen, denen das Haus in Lauf der Jahre unterworfen war: Die Fenster wurden erneuert, Putz wurde aufgetragen.

    —————————————
    (1) Eine andere Ruhrgebietskneipe ist in diesem Portal hier beschrieben:
    http://www.zeit-raeume.ruhr/die-erinnerungsorte/kneipe-in-voerde-friedrichsfeld-taubenzuechterkneipe/

    (2) Jürgen von Manger hat dem „Bottroper Bier“ ein Lied gewidmet, das man sich auf youtube anhören kann: https://www.youtube.com/watch?v=WpcRHvyWHDg

  2. Hallo Arne, das wäre doch ein schöner eigener Erinnerungsort – so findet das doch niemand.

  3. Hallo Laura,
    danke für Deine Anregung. Ich habe den „Jammerkrug“-Kommentar als Erinnerungsort eingereicht.

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